Ausstellung: „Jüdische Nachbarn“

Wie lebten Menschen jüdischen Glaubens inmitten unserer Gesellschaft vor der Shoah? Welche Interessen hatten sie, welchen Hobbies gingen sie nach? Wie gestaltete sich ihre berufliche und private Situation? Welches Verhältnis hatten sie zu ihrer Religion? – Diesen und noch zahlreichen weiteren Fragen geht die Ausstellung „Jüdische Nachbarn“ auf den Grund.

Vom 12.05. bis zum 01.06.2021 wird in der Aula unserer Schule diese von verschiedenen nord-rhein-westfälischen Bezirksregierungen mit der Unterstützung des Humberghauses Dingden ausgearbeitete Ausstellung über ganz verschiedene Lebensläufe präsentiert.

Vorgestellt werden beispielsweise Dr. Rudolf Loewenstein, der als angesehener Arzt in Essen-Steele praktizierte, oder Henriette Rathgeber, deren Vater freiwillig im Ersten Weltkrieg gedient hatte und die als liberale Münsteranerin vor dem Nationalsozialismus kaum Bezüge zum Glauben ihrer Vorfahren hatte. Auch am Schicksal der Kölnerin Rosa Rosenthal kann der Besucher der Ausstellung Anteil nehmen. Ihre im Familienbetrieb aufgebauten, sehr gut florierenden Metzgereien und Imbissbuden mit ca. 200 Angestellten waren ab 1928 zunehmend antisemitisch motivierten Anfeindungen und Diffamierungen ausgesetzt, was zum wirtschaftlichen Niedergang der Familie führte. Der erfolgreiche Düsseldorfer Fußballer Gottfried Fuchs, der bis zu seiner im Ersten Weltkriegs erlittenen Verletzung in der deutschen Nationalmannschaft spielte, ist eine weitere sehr interessante Persönlichkeit, welche die Ausstellung auf mit Bildern und persönlichen Dokumenten gestalteten Roll-Ups ihren Zuschauern näherbringt. Ausführliche biografische Informationen sind auf passend gestalteten Internetseiten mithilfe von QR-Codes abrufbar.

Als die Ausstellung aufgebaut wurde, weckte sie direkt das Interesse zahlreicher Schülerinnen und Schüler sowie der Kolleginnen und Kollegen. Inzwischen wurde sie schon im Unterricht von verschiedenen Geschichts-, Deutsch- und Pädagogikkurse besucht und die Schüler*innen konnten sich über jüdisches Leben in ihrer Region informieren und austauschen. Teilnehmer*innen eines Deutsch-Kurses der Q1, der sich passenderweise gerade mit Lessings „Nathan der Weise“ auseinandersetzt, meldeten zum Beispiel zurück: „Ich fand es interessant, die Geschichte der einzelnen Menschen kennenzulernen. Dadurch, dass diese Menschen in der Nähe von Münster gewohnt haben, rückten ihre Geschichten auch viel näher an mich selbst heran.“ „Einige Dinge hatte ich schonmal gehört, jedoch wieder vergessen, so z.B. dass Juden sogar in der Fußballnationalmannschaft gespielt haben, dass es Phasen gab, in denen sie wenig bis gar nicht ausgegrenzt wurden oder dass sie nicht nur Berufe mit Geld ausübten.“ „Für mich war schon einiges bekannt, jedoch war mir nicht so bewusst, dass viele Juden auch im Ersten Weltkrieg als Soldaten gedient haben.“ und schließlich „Eigentlich kann man sich ja denken, dass das Leben dieser Menschen dem anderer sehr ähnlich war. Dennoch sind Veranschaulichungen in Form von konkreten Lebensgeschichten, wie sie in der Ausstellung präsentiert werden, aus meiner Sicht sehr hilfreich, um sich zum Teil sogar mit ihnen zu identifizieren.“

Wir danken all denjenigen, die diese Ausstellung vorbereitet, gestaltet und uns zur Verfügung gestellt haben, für diese wertvollen Impulse - gerade in diesen Zeiten, in denen Vorurteile, Ressentiments und Gewalt gegen Juden und Jüdinnen in unserer Gesellschaft wieder sichtbar werden. Die Ausstellung zeigt mit den Flucht- und Todesdaten der vorgestellten Menschen schließlich auch deutlich, wohin Antisemitismus führen kann, wenn die Zivilgesellschaft diesem nicht entschieden entgegentritt.

STR