Schulleiter Ulrich Bertram geht in den Ruhestand

Eine offene Tür. Wenn man vom Haupteingang in den Flur des Sekretariats und der Schulleitung einbiegt, kommt man an einer geöffneten Tür vorbei. Wenn es möglich ist und keine Termine dies verhindern, kann jeder dann einfach eintreten und sein aktuelles Problem, die aktuelle Frage, das schöne oder weniger schöne Ereignis mit Herrn Bertram besprechen, ins Gespräch kommen, wenn nötig eine Lösung finden. Dazu muss man sich nicht extra anmelden oder einen Termin machen.

Fünfzehn Jahre ist das jetzt so. Diesen Sommer vor fünfzehn Jahren trat Herr Bertram seinen Dienst in der Friedensschule als ihr dritter Schulleiter in 53 Jahren an. Am ersten Tag nach den Sommerferien konnte er jeden Kollegen und jede Kollegin der Friedensschule mit dem Namen ansprechen. Und auch das ist noch immer so.

Natürlich hatte es zuvor schon andere Stationen im Schuldienst gegeben. Gebürtig aus Günzburg besuchte er die Grundschule und das St. Ansgar-Gymnasium – eine Jesuitenschule – in Hamburg bis zum Abitur nach acht Jahren. Danach studierte er in Hamburg und als Stipendiat in Illinois (USA) Englisch und Geographie und unterrichtete nach dem Referendariat an seiner alten Schule, dem St. Ansgar Gymnasium Hamburg. Während dieser Zeit verbrachte er er ein Auslandsjahr als Assistent Professor for ESL (English as a second language) am DeKalb College in Atlanta (Fulbright Teachers Exchange). 1998 kam der Wechsel von Hamburg nach Münster. Zunächst ein Jahr ohne seine Familie arbeitete Herr Bertram als Schulfachlicher Referent für die Schulabteilung des Bistums Münster (zuständig für bischöfliche Realschulen und Gymnasien) und zog dann ein Jahr später mit seiner Familie nach Havixbeck (kleines Kontrastprogramm zu Hamburg). In dieser Funktion war er auch mit wenigen Stunden zunächst Lehrer an der Marienschule und später auch für ein Jahr an der Friedensschule, wo er sich dann schließlich 2008 als Schulleiter bewarb.

Als einzige bischöfliche Gesamtschule im Bistum Münster und als erste Gesamtschule in Münster war und ist die Friedensschule eine besondere Schule, auch für Ulrich Bertram. Er betonte immer den besonderen Charakter dieser Schule als kirchliche Schule mit dem besonderen Auftrag, die christliche Botschaft nicht nur in Gottesdiensten, Tagen religiöser Orientierung oder dem Sozialpraktikum abzubilden. Das christliche Menschenbild sollte sich auch im Umgang mit und unter den Schüler:innen zeigen, die  – ganz gleich woher sie stammen, wen sie lieben oder was sie können – in der Friedensschule in ihrer Individualität geachtet und gefördert wissen sollen. Dafür stand Ulrich Bertram von Beginn an. Unter seiner Leitung sollte die Friedensschule kein weiteres oder etwas anderes Gymnasium in Münster sein, sondern sie sollte ihren Beitrag ganz bewusst als Gesamtschule zu Münsters Schullandschaft leisten.

Dabei startete er seinen Dienst in der Friedensschule in einer Phase, in der die Gymnasien gerade ihre Schulzeit auf acht Jahre verkürzt hatten und in der Friedensschule – um die guten und sehr guten Schüler:innen nicht zu verlieren – kurz zuvor der V-Zweig eingeführt war, in dem ausgewählte Schüler:innen nach acht Jahren ihr Abitur ablegen sollten. Umsetzen musste es dann Herr Bertram als neuer Schulleiter. Einige Jahre war der V-Zug auch ein großer Erfolg, aber mit der Zeit kam das schnellere Abitur mit allen seinen Problemen nicht nur NRW-weit in die Diskussion, sondern auch in der Friedensschule meldeten sich immer weniger Schüler:innen für diesen verkürzten Weg, bis er dann 2019 ganz eingestellt wurde.

Aber auch andere Besonderheiten hatten die fünfzehn Jahre für Herrn Bertram zu bieten. Der komplette Umbau der Friedensschule beschäftigt die gesamte Schulgemeinschaft jetzt schon seit 2018 und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Verschiedene Architekten, verschiedene Bauabschnitte, immer wieder Besprechungen, Planungen, Gespräche und auch Streitereien hatten sicher ihren Anteil daran, dass mitunter die an sich schon große Aufgabe, eine solche Schule zu leiten, einfach manchmal auch purer Stress war. Hätte es die entschiedene und bestimmt für manchen Architekten oder Bauabteilungsmitarbeiter auch nervenaufreibende Kommunikation über Details und Streitpunkte von Herrn Bertram nicht gegeben, hätten wir zum Beispiel den Schulzoo jetzt nicht mehr.

In seine Amtszeit fielen auch die 40-Jahr Feier 2009 und 50 Jahr Feiern 2019. Beide Feste mit ihren offiziellen Akten im Dom und in der Aula sowie dem bunten Treiben bei den „langen Nächten“ zeigten, wie sehr die Friedensschule im Herzen derer verankert ist, die sie einmal besucht haben und noch besuchen, ob als Schüler:in oder als Lehrer:in.

Die Bewältigung der Corona-Pandemie mit manchmal täglichen neuen Informationen, Anordnungen, Geboten und Verboten ist uns auch dank der Kommunikationsfähigkeit der Schulleitung mit den Eltern so gut es möglich war, gelungen. Es hat der Schule den Schub in Digitalisierung gegeben, der dringend nötig war, der aber noch nicht ausdiskutiert ist oder sein kann.

Die Bereitschaft, nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sofort Flüchtlingskinder in die Friedensschule aufzunehmen und sie hier in die Klassen zu integrieren, zeigte, wie klar Herr Bertram seine Aufgabe sieht, den christlichen Gedanken in der Schule ernst zu nehmen und sich nicht vor den schwierigen Aufgaben wegzuducken. Mit der Unterstützung vieler Kolleg:innen konnte dies in vielen Fällen sehr gut gelingen.

Wenn man Herrn Bertram nach den Orten fragt, die ihm in der Friedensschule wichtig sind, dann sind es Orte, die die Friedensschule in ihrem Charakter als Gesamtschule auszeichnen. Die Stufentreffs, der Essensbereich, die Technik- und Hauswirtschaftsräume, vielleicht der Schulzoo. Nicht zuletzt ist es aber auch die Oase, unser Gottesdienstraum, etwas abgelegen vom großen Schulgebäude mit einem kleinen Garten, die für ihn eine besondere Bedeutung hat. Hier kann man zur Ruhe kommen, ein Gebet sprechen oder einfach etwas ferner ab vom Trubel der großen Schule sitzen und schauen.

Die Schüler:innen begeisterte Herr Bertram jedes Jahr nicht nur mit besonderen und immer mottogerechten und auf den Punkt gebrachten Reden zum Zehnerabschluss und zum Abitur, sondern auch durch seine besondere Art, humorvoll und mutig in jedes noch so kuriose Kostüm zum Letzten Schultag der Abiturienten zu schlüpfen und den Spaß an diesem Tag einfach genussvoll mitzumachen. Er zeigte Profil bei der Einweihung des May Ayim Platzes, als er davon sprach, dass hier in der Friedensschule jeder Mensch willkommen ist, egal welche Hautfarbe, welche sexuelle Orientierung, welche Religion er mitbringt.

Seine Entscheidung, sich um die Stelle als Schulleiter der Friedensschule zu bewerben, hat er trotz all der Besonderheiten, Aufregungen und Anstrengungen seiner Amtszeit nie bereut. Er mag es – und das merkt man ihm an – mit Menschen in Kontakt zu sein, der Schulleiter für jeden einzelnen dieser Kinder und Jugendlichen zu sein, die Verantwortung für diese Schule zu tragen und Entscheidungen für die Schule zu treffen im Sinne der Kinder und Jugendlichen.

Jetzt hat er beschlossen, dass es genug ist. Und man kann ihn gut verstehen nach den Jahren einschließlich Corona-Pandemie und Umbau. Das alles hat sicher seine Spuren hinterlassen.

Wir wünschen Ihnen, Herr Bertram, dass Sie gesund und guten Mutes in diese neue Lebensphase gehen. Genießen Sie die Zeit ohne Konferenzen, Baulärm und frühes Aufstehen. Bereisen Sie die Welt. Vergessen Sie uns nicht und schauen Sie ab und zu mal vorbei, wir freuen uns.